Lymphödem Behandlung: Entstauung, Kompressionstherapie und Selbstfürsorge
Das Wichtigste in Kürze:
- Wie wird ein Lymphödem behandelt? Mit einer Kombination aus Kompressionstherapie, Lymphdrainage und Bewegung.
- Kompression: Fördert den Lymphabfluss und reduziert Schwellungen nachhaltig.
- Manuelle Lymphdrainage: Hilft, Flüssigkeitsansammlungen zu verringern und Beschwerden zu lindern.
- Bewegung: Aktiviert das Lymphsystem und unterstützt den Heilungsprozess.
- Ganzheitliche Therapie: Regelmässige Pflege und ärztliche Kontrolle sind essenziell für langfristige Erfolge.
Das oberste Ziel einer Lymphödembehandlung ist die Reduktion des Staus in den Lymphgefässen und im umgebenden Gewebe. Einerseits soll dies der betroffenen Person Linderung verschaffen, andererseits auch das Voranschreiten der Erkrankung und mögliche weitere Folgen und Komplikationen verhindern bzw. reduzieren.
Ein Lymphödem ist jedoch nicht heilbar. Mit einer möglichst früh einsetzenden und konsequent durchgeführte Therapie kann die Erkrankung allerdings gut behandelt werden, sodass die Patientinnen und Patienten mit der Erkrankung und den jeweiligen Einschränkungen gut zurechtkommen.
Behandlung des Lymphödems durch komplexe physikalische Entstauungstherapie in 2 Phasen
Die Standardtherapie der Lymphödeme ist die komplexe physikalische Entstauungstherapie (KPE). Diese besteht aus zwei Phasen unterschiedlicher Behandlungsintensität (Entstauung und Erhaltung) und folgenden aufeinander abgestimmten Komponenten:
1. Rückfettende Hautpflege, falls erforderlich Hautsanierung (z.B. bei vorhandenem Fusspilz) und Schutz vor Hautverletzungen und -Infektionen.
2. Manuelle Lymphdrainage (MLD), bei Bedarf ergänzt mit additiven manuellen Techniken durch einen ausgebildeten Therapeuten. Gegebenenfalls sollte die Behandlung durch den Einsatz von apparativer intermittierender Kompression in der Praxis oder Klinik oder als Heimgerät ergänzt werden.
In der Entstauungsphase sollte die manuelle Lymphdrainage mindestens 5-mal pro Woche, besser sogar täglich erfolgen. In der Erhaltungsphase sollte die Frequenz der manuellen Lymphdrainage an den klinischen Befund angepasst werden, z.B. 1- bis 2-mal pro Woche.
3. Kompressionstherapie mit speziellen mehrlagigen komprimierenden Wechselverbänden (Entstauungsphase) und/oder lymphologischer Kompressionsstrumpfversorgung (Erhaltungsphase).
4. Entstauungsfördernde Sport-/Bewegungstherapie, idealerweise in der Kompression oder im Wasser.
5. Aufklärung und Schulung zur individuellen Selbsttherapie.
6. Gegebenenfalls kann eine psychologische Betreuung und Begleitung hilfreich sein.
Die besondere Rolle der Kompressionstherapie
Die medizinische Kompressionstherapie bildet sowohl während der Entstauungsphase als auch im Rahmen der Erhaltungsphase die Basis für eine erfolgreiche Ödemtherapie. Dabei sind je nach Phase und Stadium der Erkrankung verschiedene Produkte passend einzusetzen.
Entstauungsphase:
In der Entstauungsphase wird unmittelbar nach der manuellen Lymphdrainage ein meist aus mehreren Komponenten bestehender Kompressionsverband (Bandage) angelegt. Kurzzugbinden verleihen dem Verband einen hohen Arbeitsdruck. Als Alternative können bei relativ unkomplizierten Beinformen auch sogenannte Wrap-Verbände (unelastische Verbände mit Klettverschluss) zur Entstauung angelegt werden.
Erhaltungsphase:
Aufgabe der Kompressionsversorgung ist es, das in der Entstauungsphase erreichte Ergebnis zu halten und eine Verschlechterung des Ödems zu vermeiden.
In der Erhaltungsphase werden meist nach Patient:innen-Mass gefertigte flachgestrickte Kompressionsstrümpfe (z. B. OPTIFORM FLEX / HOLD / FEEL von Sigvaris) angewendet. Nur bei sehr gering ausgeprägtem Ödem ohne Umfangsschwankungen und Zehen-/ Fingerschwellungen können beim gut behandelten Lymphödem auch rundgestrickte medizinische Kompressionsstrümpfe mit hoher Materialfestigkeit zum Einsatz kommen. Sie bergen jedoch im Vergleich zur Flachstrickversorgung ein höheres Risiko, Einschnürungen im Gewebe zu erzeugen.
Flachgestrickte Kompressionsversorgungen werden nach Mass individuell für die Patientin oder den Patienten angefertigt. Durch die Stricktechnik können nahezu jede Körperregion und auch grosse Volumina oder extreme Umfangsdifferenzen damit versorgt werden. Das Material ist dicker und weniger elastisch, um einen flächigen und konstanten Druck auf das Bein auszuüben. Korrekt angepasst und richtig angezogen sitzen die Strümpfe perfekt, üben einen exakt definierten Druck aus und sorgen für Entlastung der betroffenen Region.
In ausgewählten Einzelfällen kann neben der konservativen Therapie auch eine ergänzende operative Behandlung des Lymphödems erfolgen. Eine operative Therapie sollte in Betracht gezogen werden, wenn eine Patientin oder ein Patient trotz konservativer Therapie einen Leidensdruck oder eine Zunahme von Komplikationen und Folgeschäden des Lymphödems aufweist.
Selbstfürsorge: Die richtige Unterstützung durch Bewegung, Ernährung und Co.
Wirken Sie aktiv an der Behandlung des Lymphödems mit und übernehmen Sie Verantwortung für sich und Ihre Gesundheit. Denn nicht nur medizinische Behandlungen haben positiven Einfluss auf die Erkrankung. Ebenso wichtig sind eine gesunde Ernährung, die ideale Hautpflege und regelmässige sportliche Aktivität.
Ernährung
Ernähren Sie sich ausgewogen und vermeiden Sie Übergewicht. Übergewicht begünstigt die Ausbildung von Ödemen und verschlechtert den Lymphabfluss. Die Kontrolle Ihres Gewichts kann dazu beitragen, Ihre Symptome zu lindern. Vermeiden Sie übermässigen Salzkonsum, um Wassereinlagerungen vorzubeugen.
Sorgen Sie für ausreichende Flüssigkeitszufuhr. Wenn Sie viel Wasser trinken, bleiben Sie hydratisiert und unterstützen die ordnungsgemässe Nierenfunktion. Diese braucht Ihr Körper, um überschüssige Flüssigkeit, Proteine und andere Substanzen zu entfernen.
Das Lymphödem ist keine Indikation für die Einnahme von Wassertabletten. Vermeiden Sie die Einnahme von Medikamenten, die Ödeme im Körper fördern.
Hautpflege
Ist der Lymphfluss chronisch gestört, reichert sich die proteinreiche Flüssigkeit im Gewebe an. Es kann zu Entzündungen der Haut oder des Unterhautgewebes kommen. Zudem ist die Abwehrfunktion in der vom Lymphödem betroffenen Körperregion reduziert. Es treten häufiger und oft schon bei kleinen Hautschäden Pilzinfektionen oder bakterielle Infektionen auf. Diese sollten rasch und konsequent behandelt werden.
Konsequente rückfettende Hautpflege ist bei Ödemen darum unabdingbar. Reinigen und pflegen Sie Ihre Haut mit pH-neutralen Hautpflegemitteln und rückfettenden Pflegeprodukten – möglichst ohne reizende Konservierungsmittel und Duftstoffe. Verzichten Sie in Ödemnähe auf Deodorants. Bei tieferen Hautfalten muss darauf geachtet werden, dass diese trocken und sauber bleiben.
Bewegung
Die tägliche Bewegung der Gliedmassen (spezielle Übungen, Gehen, Yoga, Radfahren, Treppensteigen, etc.), insbesondere in der Kompression, ist besonders nutzbringend.
Nachfolgend finden Sie eine kleine Auswahl an Übungen. Trainieren Sie immer mit Ihrer Kompressionsversorgung und idealerweise 3- bis 5-mal pro Tag für jeweils 5 bis 10 Minuten. Beachten Sie bitte, dass Sie die Übungen langsam und kontrolliert durchführen und sich nicht überanstrengen. Die Übungen sollten Ihnen weder Schmerzen bereiten noch Muskelkater verursachen.
Weitere Tipps
Kleidung
Tragen Sie bequeme, nicht einschneidende Kleidung und – bei einem Ödem der Beine – flache Schuhe, um durch Abrollbewegungen den Lymphfluss zu unterstützen.
Eigenverantwortung
Wirken Sie aktiv an Ihrer Behandlungstherapie mit und übernehmen Sie Verantwortung für sich und Ihre Gesundheit. Der Austausch mit anderen Betroffenen in Selbsthilfegruppen oder Gesellschaften kann den Umgang mit der Erkrankung erleichtern.
Verletzungen und Einschnürungen vermeiden
Achten Sie bei der Körperpflege, z.B. bei der Nagelpflege, darauf, den Nagelfalz nicht zu verletzen, und vermeiden Sie generell Hautverletzungen, Schürfungen, Stiche usw. Falls möglich sollten auch medizinische Interventionen nicht an der Ödemregion erfolgen (z.B. Blutentnahme oder Blutdruckmessung nicht am Ödem-Arm). Grundsätzlich sollten Einschnürungen in der Ödemregion, z.B. auch durch Schmuck oder Kleidung, vermieden werden.
Vermeiden Sie Hitze und Kälte
Meiden Sie direkte Sonneneinwirkung (z.B. Sonnenbad) und extreme Hitze (Sauna, Dampfbad, Vollbäder). Auch auf extreme Kälte sollte verzichtet werden.
Massagen
Klassische Massagen und Wärmebehandlungen im Ödembereich sollten möglichst vermieden werden, da sie das Ödem verstärken können.
Alltagsbelastung
Versuchen Sie, Stresssituationen im Alltag und im Job zu vermeiden. Diese können Ihr Ödem negativ beeinflussen.
Hilfreiche Kontakte und Adressen bei Lymph- und Lipödem
Eine gute interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Patient:innen, Fachärzt:innen, Therapeut:innen, Fachgeschäften, Selbsthilfegruppen und Patientenorganisationen ist der Schlüssel zu einem erfolgreichen Therapieverlauf. Unter folgenden Links finden Sie viele hilfreiche Kontakte und Ansprechpersonen in Ihrer Nähe.
Fachärzt:innen
Therapeut:innen
- Physioswiss
- SFML Schweizerischer Fachverband für manuelle Lyphdrainage
- Verband der Medizinischen Massage Schweiz
Netzwerkorganisationen
Beratungstellen
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Beratungsstelle Lipödem Zürich: Nicole Grossmann, Tel. 079 759 65 06, nicolegrossmann@yahoo.com
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Beratungsstelle Lipödem Basel-Baselland: Ramajana von Moos info@rehaplus.ch 061/ 481 70 70
- Selbsthilfegruppe Basel-Baselland: Ramajana von Moos info@rehaplus.ch / Barbara Weber weber.zimmermann@bluewin.ch
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Selbsthilfegruppe Lipödem Basel: Barbara Weber, weber.zimmermann@bluewin.ch
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Selbsthilfegruppe Rheintal / Graubünden: Heidi Schmid-Ackermann, Tel. 079 371 72 83, schmid.heidi@gmx.ch
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Selbsthilfegruppe St.Gallen und Umgebung: Marlies Kast, Tel. 078 658 52 91, marlieskast@hotmail.com
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Selbsthilfegruppe Bern-Biel-Solothurn: Elisa Rutschmann-Colella, stellaitaliana@hotmail.com
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Zentralschweiz: Fernande Soller, nandi-soller68@gmx.ch
Facebookgruppe Lipödem Betroffene Schweiz: zur Gruppe