Lipödem: Symptome, Ursachen & Diagnose
Das Wichtigste in Kürze:
- Was ist ein Lipödem? Eine chronische Fettverteilungsstörung, die vor allem Beine, Hüften und Arme betrifft.
- Symptome: Schmerzempfindliche Schwellungen, Spannungsgefühl und Neigung zu Blutergüssen.
- Ursachen: Häufig hormonell bedingt, zum Beispiel durch Pubertät, Schwangerschaft oder Wechseljahre.
- Unterschied zum Lymphödem: Lipödeme sind symmetrisch und betreffen meist nicht die Füsse.
- Frühe Diagnose wichtig: Regelmässige Kontrollen und gezielte Therapien können Beschwerden lindern und das Fortschreiten verlangsamen.
Nehmen Sie kontinuierlich an beiden Beinen, am Gesäss und / oder an den Armen zu, während Ihr Körperstamm relativ unverändert bleibt? Schmerzt das Gewebe an Armen und/ oder Beinen bei Berührung, Druck oder in Ruhe?
Dann könnten Sie ein Lipödem entwickelt haben. Im folgenden Artikel erfahren Sie alles über die Symptome von Lipödemen und wie sie Lipödeme erkennen können.
Was ist ein Lipödem?
Dicke Beine, hervorstehendes Gesäss – oft wird das Lipödem fälschlicherweise als Übergewicht oder Fettleibigkeit eingestuft. Ein Lipödem hat aber nichts mit Übergewicht zu tun. Lipödeme sind das Ergebnis einer krankhaften Ansammlung von Fettzellen in den Extremitäten. Oftmals sind nur die Beine, vielfach aber auch Arme und Beine betroffen.
Zwar sind die genaue Ursache und Entstehung des Lipödems noch nicht abschliessend erforscht. Diskutiert werden derzeit neben einer familiären Veranlagung eine Störung des Fettstoffwechsels und hormonelle Faktoren. Das Lipödem betrifft fast ausschliesslich Frauen und beginnt typischerweise in Phasen hormoneller Veränderung wie z.B. der Pubertät oder mit einer Schwangerschaft.
Die Erstbeschreibung von Edgar V. Allen und Edgar A. Hines 1940 (Allen and Hines 1940) listet folgende Merkmale auf:
- Das Lipödem betrifft fast ausschliesslich Frauen.
- Die Hauptbeschwerde ist eine Fettschwellung der Beine, die seit vielen Jahren besteht und in einigen Fällen erstmals im Mädchenalter festgestellt wurde.
- Das Lipödem betrifft in der Regel nicht die Füsse.
- Die Vergrösserung der Gliedmassen ist symmetrisch.
- Die Erkrankung ist meist mit einer Gewichtszunahme verbunden.
- Die Schwellung unterhalb der Knie tritt vermehrt auf, wenn die Patientinnen und Patienten viel auf den Beinen sind und bei warmem Wetter.
- Schmerzen in den Beinen sind an der Tagesordnung.
- In vielen Fällen gibt es eine Vorgeschichte eines ähnlichen Zustands bei anderen Familienmitgliedern.
Im Gegensatz zum Lymphödem ist ein Lipödem symmetrisch. Die Fettgewebsvermehrung verteilt sich gleichartig auf den Beinen und/ oder Armen. Hände und Füsse sind beim Lipödem typischerweise nicht betroffen. Oft kommt es zu einer Kragen- oder Muffbildung an den Gelenken.
Bei einem Lipödem leiden die Patientinnen und Patienten häufig aber nicht nur körperlich aufgrund von Berührungs- oder Druckschmerzen, sondern auch psychisch unter ihrem Aussehen.
Übergewicht und Adipositas sind die häufigsten mit einem Lipödem gleichzeitig bestehenden Erkrankungen. Sie verschlechtern die Symptome des Lipödems und begünstigen das Voranschreiten der Erkrankung. Der Body-Mass-Index (BMI) zur Charakterisierung des Übergewichtes ist bei Lipödem-Patientinnen und -Patienten nicht aussagekräftig, da er im Bereich von Übergewicht bzw. milder Adipositas aufgrund der Fettgewebevermehrung zu falsch hohen Werten führt.
Nach Herpertz wird das Lipödem je nach betroffener Region in sieben Typen (Oberschenkel, Wade, Ganzbein, Unterschenkel, Oberarm, Ganzarm, Unterarm-Typ) unterteilt. Daneben existiert eine häufig gebräuchliche Stadieneinteilung 1–4, die oft fälschlicherweise mit einem Schweregrad des Lipödems gleichgesetzt wird (siehe Abbildungen). Dies sollte eigentlich nicht erfolgen, da die Schmerzhaftigkeit des Gewebes – und damit der Leidensdruck der Patientinnen und Patienten– nicht zwingend mit der Volumenvermehrung übereinstimmt.
Ursachen von Lipödemen
Die genauen Ursachen eines Lipödems sind bis heute nicht bekannt. Da aber fast ausschliesslich Frauen betroffen sind, scheinen hormonelle Faktoren einen entscheidenden Einfluss zu haben. Dafür spricht das Auftreten der Erkrankung während der Pubertät, nach einer Schwangerschaft oder in den Wechseljahren. Die erhöhte Anfälligkeit von Frauen könnte zusätzlich in Zusammenhang mit dem Aufbau des weiblichen Fettgewebes, welches sich vom männlichen unterscheidet, stehen. Interessanterweise führt eine Gewichtszunahme häufig zu einer Verschlechterung der Erkrankung. Ausserdem geht man davon aus, dass eine gewisse Veranlagung für den Ausbruch der Krankheit verantwortlich ist und das Lipödem somit vererbbar ist.
In Einzelfällen treten Lipödem-ähnliche Veränderungen auch bei Männern auf. Dann liegt in der Regel eine andere Erkrankung vor, welche den Hormonhaushalt beeinflusst (z.B. Testosteronmangel durch Leberschädigung, Hormonstörungen oder hormonaktive Therapien).
Lipödem erkennen
Leider gibt es beim Lipödem nicht «den einen» Laborwert, mit dem sich die Diagnose stellen lässt. Letztlich handelt es sich um eine Liste von Kriterien, die zur Diagnose führen. Verdächtig für ein Lipödem sind folgende Punkte:
- Beidseitige symmetrische und schmerzhafte Fettgewebsvermehrung an Armen und/ oder Beinen, ohne Beteiligung von Händen und Füssen (Kragenbildung an den Gelenken)
- Disproportion zwischen Rumpf und Extremitäten
- Schwellung und Schweregefühl in den betroffenen Gliedmassen
- Berührungs-, Spontan- und/ oder Druckschmerz im betroffenen Gewebe
- Starke Neigung zu Hämatombildung (Bluterguss)
- Oftmals dellige oder knotige Struktur der Haut und des Unterhautgewebes
- Familiäre Vorbelastung
Wichtig ist v.a. die Abgrenzung des Lipödems zu einer meist durch Adipositas ausgelösten Lipohypertrophie. Hier kommt es ebenfalls zu einer symmetrischen Vermehrung von Fettgewebe an Armen und Beinen. Meist findet man jedoch keine Disproportion zum Körperstamm und typischerweise eben auch keine Schmerzhaftigkeit, wie sie für das Lipödem charakteristisch ist.
Diagnose und Stadien
Wenn es um die Diagnose eines Lipödems geht, werden zuerst die betroffenen Partien begutachtet und ertastet. Dabei ist es wichtig festzustellen, ob es sich um ein Lip- oder Lymphödem handelt. In der Regel ist ein Lipödem am typischen Verteilungsmuster und der Schmerzhaftigkeit der Fettpolster erkennbar.
Das Lipödem geht, auch wenn der Name «Ödem» das so suggeriert, nicht per se mit einer Schwellung des Gewebes einher, die durch eine Flüssigkeitseinlagerung wie beim Lymphödem bedingt ist. Es entsteht daher bei Druck auf das Gewebe auch keine stehende Delle wie beim Lymphödem. Auch das «Stemmersche Zeichen» ist bei einem Lipödem negativ. Das bedeutet, dass eine Hautfalte an der Basis des zweiten Zehs oder an der Basis des Mittelfingers gekniffen und angehoben werden kann (Lipödem-Kneiftest).
Für eine korrekte Diagnose sind auch mögliche Mischformen zu berücksichtigen.
Lipödeme am Bein werden schliesslich nach folgenden 4 Stadien des Schweregrads unterschieden:
Stadium 1: Hautoberfläche glatt, Unterhautfettgewebe verdickt und weich ohne Knoten. Beginnende Kragenbildung an den Gelenken.
Stadium 2: Hautoberfläche uneben und häufig wellenartig, Unterhaut verdickt und knotenartigen Strukturen.
Stadium 3: Ausgeprägte Umfangsvermehrung, Hautoberfläche sehr uneben, Unterhaut verdickt und verhärtet, grosse Fettwülste unter der Haut und überhängende Gewebeanteile, Gehen unter Umständen behindert.
Stadium 4: Als viertes Stadium wird häufig das Lipo-Lymphödem (Lipödem mit sekundärem Lymphödem) aufgeführt.
Mischformen des Lipödems: Lipödem mit sekundärem Lymphödem
Oftmals gibt es Mischformen, bei denen das Lipödem zusammen mit einem Lymphödem oder Phlebödem (Ödem bei einem Venenleiden) auftreten kann. Das Lymphödem oder Phlebödem kann bei jedem Schweregrad des Lipödems zusätzlich auftreten.
Bei diesen Mischformen sollte dann zusätzlich zur Therapie des Lipödems eine Lymphödemtherapie oder eine Behandlung des Venenleidens erfolgen.
Medizinische Referenz
https://www.lipoedema.co.uk/wp-content/uploads/2017/05/WUK_Lipoedema-BPS_Web.pdf
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/28677175/
Herpertz U. Ödeme und Lymphdrainage. Diagnose und Therapie. Lehrbuch der. Ödematologie. 5. Aufl. Stuttgart: Schattauer 2014